Licht und Schatten auf Alor

Nach einem Erholungstag mieteten wir uns ein Moped, um die Insel zu erkunden und die Dörfer im hochgelegenen Inland zu besuchen. Die Kunde unserer Ankunft eilte uns voraus und so wurden wir in Takpala bereits von einem kleinen Begrüßungskomitee aus mehreren Frauen und Kindern empfangen, die uns vom Rande des Dorfes entgegen lächelten, während wir die letzten Meter zu Fuß hinauf spazierten.

Als erstes wurden wir in das bale-bale gebeten, eine Versammlungsplattform auf Stelzen und zwei Stockwerken darüber, in denen zeremonielle Gegenstände aufbewahrt werden. Die Menschen auf Alor sind überwiegend protestantischem Glaubens, doch wie überall in der Region gehen Christentum und Animismus Hand in Hand. Während wir abwarteten, was wohl als nächstes passieren würde, kamen immer mehr Frauen und breiteten auf dem Boden ihre Schätze auf: ein kleiner Markt, nur für uns!
 
Kurz darauf kam die Frau zurück, die uns ins bale-bale gebeten hatte und brachte uns süßen Kaffee, der aus ihren selbst angebauten Bohnen gemacht war. Da ich mich nicht erinnern konnte, je frische Kaffee-Bohnen gesehen zu haben, verschwand sie kurz und kam sogleich mit ungeschälten Bohnen zurück, damit ich mir das alles ganz genau anschauen konnte.

Nachdem wir uns gegenseitig ein bisschen 'beschnuppert' hatten und in die oberen Stockwerke des bale-bale geklettert waren, konnten wir uns das ganze Dorf anschauen, die Schnitzereien an den Häusern bewundern und teilten Zigaretten mit den Bewohnern. Im Gegenzug dazu wurden wir zum Betelnuss kauen eingeladen, was bei mir zu starken Hitzewallungen und Herzklopfen führte.

Schließlich begaben wir uns zum kleinen Markt, wo die Frauen seelenruhig bei ihren Waren saßen und gar keine Anstalten machen, irgend etwas anbringen zu wollen. Da wir aber mit so viel ursprünglicher Herzlichkeit empfangen und aufgenommen worden waren, wollte ich ihnen zumindest eine Kleinigkeit abkaufen – woraufhin wir dann beide noch mit Ketten aus Tamarinden-Kernen und Muscheln behängt wurden!
Mit einem vollen Herzen machten wir uns auf den Rückweg und winkten uns zum Abschied zu, bis wir einander nicht mehr sehen konnten.

Ein paar Tage später ging es auf die vorgelagerte Insel Kepa, auf der eine französische Familie ein Homestay betreibt (d.h. es ist eine günstige Unterkunft und die Mahlzeiten werden gemeinsam eingenommen) und die Hütten sind zum Teil im traditionellen Alor-Stil gebaut. Strand und Meer könnte aus einem Südsee-Prospekt stammen: weißer, feiner Sand, der mit winzigen roten Korallenpartikeln durchsetzt ist und das glasklare Wasser schimmert in sämtlichen Blau-Tönen. Und im Wasser intakte Korallen-Stöcke in leuchtenden Farben und viele, viele Fische... ein Traum.

Dieser Traum wurde jedoch nach ein paar Tagen von einer Fetzen-Infektion an Bernhards Bein überschattet: ein winziger Kratzer hatte sich durch den Kontakt mit dem Meerwasser so entzündet, dass er bei 36°C im Schatten zugedeckt und mit allem angezogen, was zu Verfügung stand in der Hängematte lag und sich vor Fieber schüttelte.

In einer kurzen Fieberpause schipperten wir nach Alor rüber, um dort das Puskesmas, die örtliche, staatliche Krankenstation, aufzusuchen. Bescheiden ist gar kein Ausdruck für das, was wir dort vorfanden: das winzige Behandlungszimmer war schmutzig, die Türen standen offen, um jeden möglichen Luftzug zu erhaschen, den es gab keinen Ventilator, der in der großen Hitze Linderung hätte schaffen können und so lief jedem im Raum – einschließlich dem javanischen Arzt – der Schweiß in Strömen runter und die wartenden Patienten vor der Tür hatten freies Entertainment.

Auch an Behandlungsmitteln gab es quasi nichts doch der Arzt und seine Assistentin taten mit dem wenigen, was sie zu Verfügung standen, ihr Bestes und reinigten die Wunde, wozu sich der Arzt extra Handschuhe überstülpte, die vor langer Zeit mal steril gewesen waren.
Er hieß mich am Nachmittag wieder kommen, dann jedoch in seine freie Praxis, dort könne er dann „gute“ Medikamente verabreichen – und die brauche der Bernhard jetzt auch. Die halbstündige Behandlung im Puskesmas kostete übrigens Rp. 2.000 (ca. € 0,17)...

Die Antibiotika taten dann ihre Wirkung, wenn auch anfangs etwas zögerlich, so dass erstmal verschiedene Fragen auftraten:
Hat er auch die richtigen verschrieben? Sind die Medikamente noch gut? (Bei einer Lagerung über 30°C!) Ist es mir gelungen, alles korrekt zu verstehen und zu dolmetschen? (Denn obwohl mein Indonesisch sehr gut ist: für das Gespräch beim Arzt war ein völlig neuer Wortschatz notwendig, da ich diese Begriffe bislang nie gebraucht habe.) Aber die wichtigste und schwerste Frage: wann wird diese Krankheitsstrecke ein Ende haben?!
Denn beim Bernie war das die dritte, aufeinander folgende Infektion, einen Monat ging es nun schon so dahin, dass mich schon etwas der Mut verließ. Wobei er sich um ein weiteres Mal als Meister darin erwies, Situationen so anzunehmen, wie sie eben gerade sind und in keinster Weise klagte.

Nach einer Woche war er dann zum Glück wieder einigermaßen auf der Höhe und wir verließen Kepa um das Pelni Schiff nach West-Timor zu besteigen.

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