Crocs und Kakadus, viele große Steine und noch mehr kleine Punkte - Northern Territory


Während es in Broome bereits sehr heiß, aber trocken gewesen war, zeigten sich in Kununurra, im Osten der Kimberleys an der Grenze zum Northern Territory, bereits die ersten Anzeichen, dass wir in den tropischen Teil Australiens unterwegs waren: die Mangobäume standen in voller Frucht, die Frangipani-Bäume blühten und die Luftfeuchtigkeit war spürbar höher. Wir genossen für ein paar Tage das für die Gegend ungewöhnlich kühle Wetter (so um die 30°C), bevor wir uns auf den Weiterweg gen Osten machten, wo uns die Temperaturen ein wenig mehr ins Schwitzen bringen sollten.

Im sogenannten Top End, der Nordspitze des Northern Territories, gibt es nur zwei Jahreszeiten: „The Dry and the Wet“, also Trocken- und Regenzeit. Was wiederum gleichzusetzen ist mit „Heiß & Trocken“ oder „Heiß & Nass“! Es war Anfang der Regenzeit als wir uns in den Norden aufmachten und uns einen Wettlauf mit dem Wetter lieferten, da wir weder im strömenden Regen durch die Nationalparks wandern noch campen wollten. Unser erstes Ziel war der Kakadu Nationalpark, wohl der berühmteste ganz Australiens und auch der größte des Kontinents. Berühmt für eine unglaubliche Artenvielfalt an Wasservögeln, Aboriginal-Art und überhaupt einem großen Tierreichtum. Und berüchtigt für die Salzwasser Krokodile, welche die wahren Herrscher über die Flüsse sind - und auch schon den ein oder anderen Touristen erlegt haben.

Der Bernie hielt immer neugierig nach den Reptilien Ausschau, doch ich legte Wert darauf, dass ein respektvoller Abstand zur Wasserlinie eingehalten wird! Die grünen Jäger waren selbst fast bis zur Ausrottung gejagt worden, bis sie Anfang der 70er Jahre unter Artenschutz gestellt wurden und sich wieder vermehren konnten. Und das hat alles so gut funktioniert, dass bis 200km flussaufwärts nicht mehr gebadet werden kann, weil dort die salties umher schwimmen.
Ungefährlich sind hingegen die freshies, die Süßwasser-Krokodile, die – so wird gesagt – nur schnappi-schnapp machen, wenn man sie sekiert. Nun, das hatten wir nicht vor und so sprangen wir in einen Teich, in dem sie zu Hause sein sollen. Nein, nun kommt keine Horror-Helden-Geschichte: wir sahen keines und genossen ganz einfach die fantastische Abkühlung von den uns langsam gar kochenden Außentemperaturen!
Denn die Erkundung des Parks erfolgte unter erschwerten Bedingungen, Temperaturen zwischen 38 und 42°C, ca. 90% Luftfeuchtigkeit, dazu die Trillionen Fliegen, für die Australien berüchtigt ist und die sich in Augen- und Mundwinkeln besonders wohl fühlen, wobei die etwas abenteuerlustigen versuchen Eingang in Nase und Ohren zu bekommen. Und nachdem wir tagsüber den Plagegeistern getrotzt hatten kam Punkt Sonnenuntergang die Wachablösung und tausende Gelsen stürzten sich auf uns, surrten in den Ohren, stachen durch die Kleidung und alles, was nicht mit Mückenmittel eingeschmiert war. Da half dann nur noch die Flucht ins Auto, wo die Mückenjagd erstmal weiterging, bis wir bei ca. 32°C Nachttemperatur irgendwann in den Schlaf fanden.
Jabiru
saltie
Diese Strapazen wurden jedoch durch die zahlreichen Tiersichtungen und spektakulären Ausblicke mehr als ausgeglichen! Wir sahen Jabirus (eine Storchenart), Schlangenhalsvögel, Lotusvögel (im engl. „Jesus-Bird“ genannt, weil es ausschaut als könnten sie über das Wasser laufen), Schwärme von Reihern, Eisvögel, Fischadler und viele, viele mehr! Da unser Auto zwar über Stock und Stein, nicht aber übers Wasser fahren kann, buchten wir eine Bootsfahrt in den Sonnenuntergang auf den Yellow Waters, die wir sehr genossen und dabei so nah an Salzwasser-Krokodile heran kamen, wie es der Gesundheit gerade noch zuträglich ist.

Besonders faszinierend war für mich auch der Besuch des Kulturzentrums, in dem wir erfahren konnten, wie die Aborigines in und mit der Natur gelebt haben, welche Pflanzen essbar sind oder zur Herstellung von Gegenständen verwendet wurden, unter welchen Sträuchern die Honigtopf-Ameisen leben, warum das Land die Buschfeuer braucht und in welcher Jahreszeit sie (kontrolliert) gelegt werden – und so vieles mehr! So spannend, so beeindruckend, so Respekt einflößend vor dem Wissen der Menschen um die Natur oder wie die Aborigines es gerne ausdrücken „Nicht das Land gehört uns: wir gehören dem Land und sind nur die Aufpasser.“ Umso trauriger ist dann wieder der Anblick der vielen alkoholkranken und verwahrlosten Menschen auf den Straßen der Städte, die absolut verloren wirken und es wird noch lange dauern, bis Schwarz und Weiß in Australien gemeinsam leben werden.

Vom Kakadu Nationalpark machten wir einen kurzen Abstecher hinauf nach Darwin, der Hauptstadt des Northern Territories, füllten unsere Vorräte auf und dehnten das Einkaufen in den klimatisierten Shopping Centres immer aus, bis wir eine Gänsehaut bekamen und die Hitze draußen wieder genießen konnten.
Dann ging es in den Litchfield Nationalpark, der mit Flüssen, Wasserfällen und Pools aufwarten kann – und das alles Croc-frei!! Juhu, hinein ins kühle Nass, schwimmen und plantschen ohne befürchten zu müssen, dass es 'schnapp' macht: das kann was. Die Regenzeit meldete sich kurz mit einem heftigen Gewitter, für das wir uns ins Auto zurück zogen und aus der Sicherheit des Innenraums beobachteten, wir rings um uns herum die Blitze einschlugen.

The Red Centre Way

Unsere Route führte uns nun stetig Richtung Süden, quer durch das Rote Zentrum des Kontinents. Doch da es in diesem Jahr unverhältnismäßig viel geregnet hatte, erstrahlte die gesamte Gegend in frischem Grün! Wir haben von einigen Leuten gehört, die darüber enttäuscht waren, doch ich fand die Landschaft berauschend schön: wie ein Garten Eden, so eine Pracht, die ganze Strecke bis Alice Springs war ein Genuss und überhaupt nicht fad! Hügel und Sträucher und Täler und Büsche und Wasserlöcher – und die Erde darunter war ja immer noch rot. Abgesehen davon kann ja jeder das Rote Zentrum rot sehen – aber wer sieht es schon grün?! Absolut einzigartig...
 Auf dem Weg nach Alice kamen wir durch Katherine, wo ich unverhofft zu einer Malstunde mit einer Aborigine-Künstlerin aus Yuendumu kam, deren Stil die Punkt-Malerei ist. Adriana erklärte mir die Symbole der Bilder und dass ein jedes eine Geschichte erzähle. Und ich solle meine Geschichte malen! Auf ein Lesezeichen geht eher eine Kurzgeschichte, doch das mit sehr viel Spaß dabei.
Mit Adriana
Wir arbeiteten schweigend, dann unterhielten wir uns wieder und Adriana erzählte mir ganz viel von ihrer Familie und Kultur und Gebräuchen, auch von Sachen, mit denen sie nicht einverstanden ist, wie dem Verfall der Traditionen, Alkoholmissbrauch u.a. Da ich schon sehr lange nicht mehr gemalt hatte und wollte, dass es schön wird, war ich ziemlich langsam, doch meine Lehrerin versicherte, ich solle mir die Zeit nehmen, die ich brauche und war die personifizierte Ruhe. Nun ja und mit unserer ganzen Ratscherei und Unterbrechungen vom zahmen Wallaby, welches uns das Salz von der Haut schleckte und die Farben umwarf, war ich dann auch erst nach drei Stunden fertig. Wir verabschiedeten uns herzlich und ich verbrachte den restlichen Tag in einem Hoch über meine cultural experience.

Ein ganz besonderer Platz war für uns beide Karla Karla, wo riesige Stein Kugeln in der Wüste liegen. Es gehört zu den vielen Stätten, die den Aborigines heilig und um die Geschichten geflochten sind. Und ich sage Euch: das ist spürbar! Wir kamen am späten Nachmittag an und die tief stehende Sonne begann bereits die Steine in orangefarbenes Licht zu tauchen. Oben sitzend hatten wir einen wunderschönen Ausblick über die Ebene, der Wind rauschte leicht und die von der Sonne aufgeheizten Steine gaben eine wohltuende Wärme ab. Am Abend kam ein Dingo ganz nah bei unserem Camp vorbei um nach zu schauen, ob es bei uns etwas ab zu stauben gibt. Eine stille Nacht in absoluter Ruhe und ein bezaubernder Morgen folgten, doch für uns hieß es weiter ziehen.

Die an der Strecke gelegenen Roadhouses versuchen durch ausgefallenes Design und Ideen die Reisenden dazu zu überzeugen, bei ihnen aufzufüllen. Mit am witzigsten fanden wir dabei das Wycliffe Well Roadhouse, das gleichzeitig als Ufo-Zentrum fungiert und mit bei dem sich in liebevoller Detailarbeit alles um das Thema Außerirdische dreht, wobei die Selbstironie auch nicht zu kurz kommt.
Wycliffe Well Roadhouse
In Alice lernten wir die sympathische Stefanie kennen, die seit Indien mit dem Radl unterwegs ist und verbrachten zwei nette Abende miteinander. Das beim Uluru geplante Treffen fiel dann leider aus – wen interessiert warum, kann auf ihrem Blog nachlesen: Eine Frau und ihr gelbes Radl
Wir bogen nach Westen ab und gelangten in die MacDonnell Range, eine Gebirgskette von der viele Schluchten mit Flüssen abgehen. Dort schlugen wir unser erstes Camp auf einem Aussichtshügel auf und bekamen einen Sonnenuntergang geboten, der ein Konzert der Farben war: erst eine Symphonie in Gelb, nach einer kurzen Pause gefolgt von Rot - es war unglaublich schön!
Beim Baden am nächsten Tag trafen wir auf einen Ami, bei dem sich im Gespräch heraus stellte, dass es sich um einen South Dakota Sioux handelte, der vor kurzem in South Australia einen Sundance mit organisiert hatte. Johnnie Winddancer ist Mitglied beim World Council of Elders, welche das Wissen der Ureinwohner der verschiedensten Kulturen bewahren und erhalten wollen. Er ist der Hüter des Feuers, baut die Schwitzhütten und ist für die Organisation zuständig. Jeder, der es sich zutraut, kann beim Sundance mit machen, es ist nicht kommerziell sondern rein spirituell: es war sehr spannend, was er zu erzählen hatte. Wir verbrachten einige Zeit mit einander - kochten, aßen, redeten, diskutierten – und zum Abschied machte er eine Segnungszeremonie, bei der er uns mit Salbei räucherte und zum Schlagen der Trommel auf Sioux sang. Das war alles sehr eigen und sehr schön, und ich war danach eine Zeit lang ganz inwendig.

Auf dem Weg ins Palm Valley, Finke Gorge NP
Die Tage in der West MacDonnell Range genossen wir sehr: die Landschaft war so toll und die Temperaturen ein Traum, nur um die 30°C, also tagsüber angenehm warm und am Abend in den Schlafsack kuscheln.
Doch dann rückte er immer näher: the rock! Der riesige Monolith, früher Ayers Rock doch heutzutage Uluru genannt, wie er in der Sprache der dortigen Aborigines heißt. Über kommerzialisiert sei er und zu viele Touristen habe es, wurden wir von Australiern vor gewarnt. Würde es der große Stein dennoch schaffen, uns in Faszination zu versetzen?

An der künstlichen Stadt Yulara vorbei, die mit den unterschiedlichsten Arten der Unterbringung, Restaurants und Geschäften den einzigen Zweck hat, die Bedürfnisse der Besuchermassen zu stillen, näherten wir uns Uluru. Der erste Aussichtspunkt, von dem man relativ nah einen guten Blick auf den Monolithen hat, ließ ihn schon sehr beeindruckend erscheinen, doch um die Größe so richtig zu begreifen beschlossen wir ihn zu um wandern und den 10km langen Base Walk zu gehen. Die Nordseite ist dabei nicht so spektakulär, da der Weg auch relativ weit vom Stein entlang führt, doch die Südseite ist dafür umso schöner, die vielen Auswaschungen in der Oberfläche sind gut zu sehen und der Fels ist besser zu 'begreifen'.

Doch die wahre Schönheit liegt an sich in der Betrachtung aus der Ferne und im Wechselspiel der Farben, die sich durch die unterschiedlichen Sonnenstände ergeben. Wir begaben uns zum klassischen Sonnenuntergangs-Aussichtspunkt und kochten dort unser Abendessen – wie praktisch, wenn man sein Zuhause immer mit dabei hat!
Die Wolken, die sich hinter dem Monolithen aufgebaut hatten, wurden immer dichter und dunkler und schließlich zog ein Sturm auf und der Regen prasselte auf uns herab, so dass wir uns geschwind ins Auto flüchteten. Im Trockenen unser Essen einnehmend konnten wir betrachten, wie sich binnen kürzester Zeit Bäche bildeten, die den Uluru hinunter stürzten und der Stein hinter einem Sprühnebel verschwand. Doch nur für kurze Zeit, dann kämpfte sich die Sonne bereits wieder tapfer durch die Wolken – sollten wir etwa tatsächlich in den Genuss eines Regenbogens kommen? Kaum gedacht, schon war er da: ein kompletter Regenbogen, der sich mit seinem einen Ende direkt auf den Uluru stützte, was für ein Glück! Tiefe Dankbarkeit und Demut macht sich da breit, so etwas von außergewöhnlicher Schönheit sehen zu dürfen.


Mit Johnnie durchs Tal der Winde
Schließlich erwanderten wir auch noch Kata Tjuta, eine Gebirgsformation nur 56km westlich vom Uluru entfernt, die ein wenig im Schatten des großen Monolithen steht, das jedoch völlig zu Unrecht. Zufällig waren wir Johnnie wieder begegnet und erkundeten gemeinsam das Tal der Winde, eine traumhaft schöne Gegend.

Nun hieß es Abschied nehmen vom Northern Territory, von crocs und großen Steinen, vom spirituellen Indianer und wasserreichen Schluchten. Und Australien zieht uns immer mehr in seinen Bann... Weiter geht es Richtung Süden, das Meer ruft!
Bye-bye Northern Territory!!

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